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Heute ist Weltsporttag

Heute ist Weltsporttag 06.04.2022 - Liebe inklusive Sportfans,
heute ist Weltsporttag. Deshalb möchten wir heute zum Thema Sport von Menschen mit Beeinträchtigungen informieren und im Speziellen aus dem Bereich von Menschen mit Sehbeeinträchtigungen. Im ersten Teil möchten wir Ihnen ein paar grundlegende Informationen nahebringen. Im zweiten Teil unseres Artikels geht es um einen Sportler, der gleichzeitig bei uns auch Beschäftigter und auf der mittelfränkischen Ebene des Schachspiels vertreten ist. Diesen Sportler haben wir in einem Interview befragt.
„Im Breitensport von Menschen mit Behinderung stehen Spaß an Bewegung, Spiel und Sport sowie die Begegnungen und Gemeinschaftserlebnisse in den Vereinen im Vordergrund. Dabei wird durch die sportlichen Aktivitäten die Leistungsfähigkeit erhalten und gestärkt. Neben den gesundheitsfördernden Aspekten stehen auch die psychosozialen Wirkungen des Sports im Fokus des Breitensports. Die Stärkung des Selbstbewusstseins und die sozialen Kontakte wirken dabei positiv auf die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Neben den traditionellen Sportarten werden auch Fun- und Trendsportarten im Rahmen von Spiel- und Sportfesten sowie beim Deutschen Sportabzeichen von Menschen mit Behinderung angeboten. Der Breitensport knüpft zum einen im Sinne eines lebensbegleitenden Sporttreibens an den Rehabilitationssport an und kann zum anderen ein Sprungbrett in den Leistungssport sein.“ (Deutscher Behindertensportverband – National Paralympic Committee Germany)
Um noch mehr Informationen zu diesem Themenbereich zu bekommen, besuchen Sie bitte die Homepage des Behinderten Sportverbands Deutschland. Unter folgendem Link erreichen Sie die Homepage: www.dbs-npc.de/
 
Nun möchten wir über unseren Schachspieler genauer berichten und haben hierfür mit Ihm ein Interview durchgeführt.
NWW: Hallo Herr Nerreter, wie alt sind Sie und seit wann arbeiten Sie in der NWW?
Herr Nerreter: Hallo, mein Name ist Bernd Nerreter und ich bin 49 Jahre alt.  In der NWW arbeite ich seit November 2014.

NWW: In welchem Bereich arbeiten Sie in der NWW?
Herr Nerreter: Mein Arbeitsbereich ist die Arbeitsgruppe 7. Hier habe ich sehr abwechslungsreiche Aufgaben. Wir machen auch Holzverarbeitung. Außerdem kümmern wir uns um die Pforte in unserer Werkstatt. In der Pforte arbeite ich sehr gerne, da es mir hier sehr viel Spaß macht und die Kollegen und Kolleginnen alle sehr nett sind. Außerdem hat mir hier meine Berufsausbildung sehr weitergeholfen. Denn ich habe eine Berufsausbildung als Betriebstelefonist bei der Oberpostdirektion der deutschen Telekom in Nürnberg gemacht. Danach habe ich bei der Stadt Nürnberg gearbeitet.

NWW: Wie sind Sie zum Schach spielen gekommen?
Herr Nerreter: Angefangen Schach zu spielen habe ich mit 16 Jahren durch meine Erkrankung, die bei mir zu einer Blindheit führte. Das Laurence-Moon-Biedl-Bardet Syndrom ist eine Entwicklungsstörung auf der Grundlage einer autosomal-rezessiv vererbbaren Genmutation. Durch meinen damaligen Betreuer, der sehr an Schach interessiert war, hat mich dieser mitgenommen in das Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte. Zudem hat mein damaliger Betreuer mir auch die ersten Züge beigebracht. Da es im Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte einen Schachclub gab, konnte ich hier gleich Kontakt und Anschluss finden. Durch diesen Beitritt in den Schachclub bin ich tiefer und tiefer in die Materie eingestiegen. Außerdem bin ich sehr dankbar darüber, dass mein Betreuer mich damals ermutigt hat und mich hier begleitet hat.

NWW: War es schwer durch Ihre Beeinträchtigung Schach zu lernen?
Herr Nerreter: Ich persönlich fand das Erlernen des Sachspiels trotz meiner Beeinträchtigung nicht so schwer. Denn Gott sei Dank gibt es heutzutage viele Hilfsmittel, die dies erleichtern. So gibt es z.B. ein Schachbrett speziell für Menschen mit Blindheit. Hier sind die Felder unterschiedlich von der Höhe angelegt. Außerdem sind die Spielfiguren der jeweiligen Farbe gekennzeichnet. So kann man die Figuren ertasten. Allerdings muss ich mir trotzdem den ganzen Spielverlauf selbstständig merken. Aber das hat den Vorteil, dass ich dadurch jung im Kopf bleibe.

NWW: Wie schaffen Sie es, sich die einzelnen Spielfiguren zu merken und gibt es da irgendwelche Tricks?
Herr Nerreter: Also wie oben schon erzählt, haben die Spielfiguren des jeweiligen Teams eine andere Beschaffenheit. Und der wichtigste Trick ist, glaube ich, einfach die Übung. Übung macht den Meister.

NWW: Spielen Sie mit einem normalen Schachbrett?
Herr Nerreter: Nein. Ich spiele mit einem extra „Blindenschachbrett“. Dies hat den Vorteil, dass die Figuren anders beschaffen sind und die Felder des Brettes von Hell und Dunkel eine unterschiedliche Anordnung in der Höhe haben. In einem offiziellen Wettkampf wird deshalb auch mit zwei Brettern gespielt.

NWW: Sind Sie eigentlich in einem Verein und wenn ja, nehmen Sie auch an Turnieren teil?
Herr Nerreter: Ja klar, selbstverständlich bin ich in einem Verein. Der Verein nennt sich SC Noris-Tarrasch und kommt aus Nürnberg. Mit seinen 134 Mitgliedern ist dies der größte Verein in Nürnberg. Unser Vereinsheim liegt im Herzen der Nürnberger Südstadt. Und auf die zweite Frage, ja, mit dem Verein nehme ich an unterschiedlichen Turnieren teil. Besonders schön finde ich hier auch, dass hier nicht unterschieden wird von Menschen mit Beeinträchtigungen und Menschen ohne Beeinträchtigungen. Das ist für mich wahre Inklusion. So war ich beispielsweise schon bei den bayrischen Meisterschaften im Blindenschach und den Mittelfränkischen Meisterschaften dabei.

NWW: Spielen bei den Turnieren Menschen mit Beeinträchtigung gegen Menschen ohne Beeinträchtigung?
Herr Nerreter: Wie in der letzten Frage schon beantwortet gibt es keine Differenzierung von Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen ohne Beeinträchtigung. Dies finde ich einfach sehr toll und ist für mich Inklusion, so wie es immer sein sollte.

NWW: Wie läuft so ein Turnier ab und gibt es hier auch Preisgelder?
Herr Nerreter: So ein Turnier läuft ganz unterschiedlich ab. In den meisten Turnieren, wo ich teilnehme, gibt es meist keine Preisgelder. Je höher man kommt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit auch ein Preisgeld zu erhalten. In einem klassischen Turnier treten immer mehrere Mannschaften gegeneinander an. Ein Team besteht aus acht Mitspielern. Jeder Spieler wird mit einer individuellen Wertung gelistet und so spielen die Spieler mit einer ähnlichen Wertung gegeneinander. Das heißt, jeder der Spieler spielt erstmal für sich und spielt aber insgesamt für das Team. Bei einem Sieg des jeweiligen Einzelspiels bekommt man einen Punkt, bei einem Patt (Unentschieden) erhält man einen Punkt. Bei einer Niederlage erhält man keine Punkte. So werden die erspielten Einzelpunkte zusammengezählt und das Team mit den meisten Punkten erhält somit drei Punkte für die Gesamtwertung. Bei einem Unentschieden erhält das Team einen Punkt. Bei einer Niederlage gibt es keine Punkte.

NWW: Wie trainieren Sie zu Hause?
Herr Nerreter: Zu Hause trainiere ich meist mit einer mobilen Schach-App auf dem IPhone. Ab der Bezirksliga werden alle Partien aufgezeichnet und man kann diese Nachspielen. So kann man sich bestimmte Spielzüge nochmal anschauen und diese nochmal nachstellen. So kann man sich auf bevorstehende Wettkämpfe vorbereiten und die Spielart der Gegner im Vorfeld analysieren. Zudem spiele ich auch meist das ein oder andere Spiel mit meinem Betreuer. Außerdem war ich einmal in der Woche bei unserem Verein im Training. Dies hat jetzt aber wegen der Corona Pandemie nicht mehr regelmäßig stattgefunden. Ich hoffe dies wird mehr und ich kann auch wieder regelmäßig beim Training teilnehmen.

NWW:  Welche war Ihre schönste Erfahrung, die Sie in Kombination mit Schach erlebt haben?
Herr Nerreter: Für mich gab es nicht die „schönste Erfahrung“, sondern es ist etwas sehr Allgemeines. Für mich das Schönste ist, dass bei Wettkämpfen nicht zwischen Menschen mit Beeinträchtigung und Menschen ohne Beeinträchtigung differenziert wird, denn so steht im Vordergrund nur das Schachspiel und trägt meiner Meinung nach zu einer erfolgreichen Integration bei.

NWW: Was wünschen Sie sich für den Sachsport?
Herr Nerreter: Ich denke, das größte Problem ist, dass immer weniger Nachwuchs kommt. Deshalb ist mein größter Wunsch, dass sich mehr Nachwuchs für diesen Sport interessiert und das damit der Schachsport nicht ausstirbt. Außerdem ist mir jetzt auch schon öfters aufgefallen, dass Menschen ohne Beeinträchtigung gerne lieber mit Menschen mit Beeinträchtigung spielen. Auf Frage meinerseits zu diesem Thema habe ich oft die Antwort bekommen, dass hier dann das Spiel im Vordergrund steht. Diesen Gedanken finde ich sehr schön.

NWW: Vielen Dank für das ausführliche Interview, Herr Neretter.
Herr Nerreter: Bitte, das habe ich gerne gemacht und war eine gute Abwechslung vom Alltag.
 
So, das war es von uns. Wir hoffen, Sie hatten Spaß beim Lesen.
Liebe Grüße Ihre NWW!
 
Verwendete Quelle:
www.dbs-npc.de/  (zuletzt aufgerufen am 04.04.2022)

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